Viele von uns quälen sich tagelang mit Zweifeln, schlafen schlecht, denken unaufhörlich über verschiedene Möglichkeiten nach und versuchen, alle Faktoren zu analysieren und zu berücksichtigen. Und trotzdem machen wir oft Fehler. Wenn wir uns dann auch noch beeilen oder unter Zeitdruck handeln müssen, steigt die Fehlerquote rasant an. Warum ist das so? Und vor allem: Wie kann man schnelle und richtige Entscheidungen treffen? Genau darum geht es in der Entscheidungspsychologie - und in diesem Artikel.
Das gängige Entscheidungsmodell: Wie läuft der Prozess ab?

Zunächst werfen wir einen Blick darauf, wie der Entscheidungsprozess grundsätzlich aussieht. Unabhängig vom Themengebiet durchläuft jede Entscheidung denselben Ablauf nach einem festen Muster, von dem man - es sei denn, man entscheidet willkürlich oder per Los - nicht abweichen kann:
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Problemdefinition und Vorbereitung. Der erste Schritt ist die Klärung, was geschehen ist und warum es eine Entscheidung erfordert. Es wird die Situation beschrieben und Informationen werden gesammelt - auf dieser Grundlage erfolgt der gesamte weitere Prozess.
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Zielsetzung. Nach eingehender Analyse der Situation kennt man das Ziel, das erreicht werden muss, um das Problem zu lösen. Beispiel: Das Problem ist ein Umsatzrückgang wegen mangelnder Werbung - das Ziel ist folglich, die Umsätze zu steigern. Der Weg dorthin kann jedoch verschieden sein.
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Untersuchung der Optionen. Es erfolgt die Analyse möglicher Handlungsoptionen inklusive deren Risiken und Aufwand, wobei stets die beste Variante im Hinblick auf die verfügbaren Ressourcen und Informationen gewählt werden soll.
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Endgültige Entscheidung. Unpassende oder irrational erscheinende Optionen werden ausgeschlossen, bis eine bleibt, die alle wesentlichen Anforderungen erfüllt.
Diese Schritte werden jedoch durch innere und äußere Faktoren beeinflusst, die jede Entscheidung begleiten. Unabhängig von der Komplexität sind dies im Wesentlichen:
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Motivation. Je höher die Motivation, desto schneller die Entscheidung. Motivation kann dabei grundlegende Bedürfnisse betreffen (Hunger, Sicherheit, Gesundheit) oder höherliegende (Anerkennung, Selbstverwirklichung).
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Zeit. Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto sicherer fühlt man sich mit seiner Wahl - allerdings verlängert dies oft unnötig den Entscheidungsprozess.
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Persönlichkeitstyp. Der Persönlichkeitstyp beeinflusst stark, wie man Entscheidungen trifft. Ein Phlegmatiker benötigt z. B. mehr Zeit als ein Choleriker, ist aber weniger von Emotionen beeinflusst.
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Erfahrung. Frühere Entscheidungen beeinflussen Denkgewohnheiten, Überzeugungen und erzeugen kognitive Verzerrungen, auf die wir später näher eingehen.
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Informationsmenge. Zu wenig Information fördert emotionale Entscheidungen, zu viel verlängert den Prozess. Es braucht ein Gleichgewicht.
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Emotionen. Die Angst, Fehler zu machen, dominiert jede Entscheidung - sei es die Angst vor Kritik, vor Verlusten oder vor einem unerwünschten Ergebnis.
Diese Faktoren wirken unterschiedlich stark zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Ist beispielsweise wenig Zeit vorhanden und handelt es sich um eine phlegmatische Persönlichkeit, überwiegt schnell die Angst. Deshalb braucht jede Person und jede Entscheidungssituation eine andere Kombination dieser Faktoren, um effizient zu sein. Aber warum irren wir uns selbst dann, wenn alle Bedingungen optimal erscheinen?
Warum wir falsche Entscheidungen treffen - die Theorie von Daniel Kahneman
Die Entscheidungspsychologie versucht genau diese Frage zu beantworten: Warum scheitern Menschen bei wichtigen Entscheidungen? Der israelisch-amerikanische Psychologe Daniel Kahneman, einer der Begründer der Verhaltensökonomie, hat genau das sein Leben lang erforscht. Dabei kam er zu einem überraschenden Schluss: Der Mensch ist zutiefst irrational. Statt - wie von Wirtschaftswissenschaftlern und Marketingexperten oft angenommen - möglichst gewinnbringend zu entscheiden, folgen Menschen subjektiven Verzerrungen und Weltbildern.
Laut Kahneman neigt der Mensch zu gedanklicher Vereinfachung, die ihn in kognitive Fallen führt und zu Entscheidungen verleitet, die sogar seinen eigenen Interessen widersprechen.
Ein berühmtes Experiment von Kahneman und seinem Kollegen Amos Tversky - das sogenannte Linda-Problem - veranschaulicht dies: Den Studierenden wurde von einer 31-jährigen Frau namens Linda erzählt, die sich in ihrer Studienzeit für soziale Gerechtigkeit und gegen Atomwaffen engagierte. Dann sollten die Studierenden entscheiden, ob es wahrscheinlicher sei, dass Linda heute als Bankangestellte arbeitet oder als Bankangestellte und Feministin. Die Mehrheit wählte Letzteres - obwohl statistisch gesehen zwei Bedingungen (Bankangestellte und Feministin) weniger wahrscheinlich sind als eine allein.
Dieses Experiment zeigte das sogenannte Konjunktionsfehler: Menschen halten detailliertere und scheinbar "passendere" Szenarien für wahrscheinlicher, selbst wenn sie mathematisch unwahrscheinlich sind. Die Befragten gaben später an, dass sie vom Zusatz "Demonstrationen" beeinflusst wurden - obwohl jeder andere Zusatz denselben Effekt hätte haben können.
Was lernen wir daraus?
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Eine umfassende Analyse führt leicht in kognitive Verzerrungen - sie wird zur Reflexion.
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Diese Reflexion entfernt uns von objektiven Kriterien und erhöht die Fehlerrisiken.
Kognitive Verzerrungen - wie kann man Fehler vermeiden?

Kahneman unterscheidet zwei Denk-Systeme:
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System 1:
Es funktioniert automatisch und intuitiv, nutzt Gewohnheiten und spart Energie - etwa beim Zähneputzen oder bei der Wahl zwischen Kaffee und Tee.
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System 2:
Es ist verantwortlich für komplexes Denken und logische Analyse. Es wird aktiviert, wenn neue Informationen verarbeitet oder unbekannte Situationen bewältigt werden müssen.
Fehler entstehen meist dann, wenn wir wichtige Entscheidungen System 1 überlassen - oft unbewusst. Dabei greifen wir auf vertraute Denkmuster oder "Intuition" zurück - ein Trugschluss.
Ein Beispiel: Nudging (Anstupsen). Wenn an der Supermarktkasse gesunde Snacks stehen, greifen Kunden eher zu gesunden Alternativen. Stehen dort Chips und Schokoriegel, entscheiden sie sich anders. Warum? Weil die Entscheidung kognitiv weniger Aufwand erfordert. Deshalb folgen Menschen auch oft der Mehrheit: Wenn acht von zehn Menschen ein Konto bei einer Bank eröffnen, folgen die anderen zwei häufig einfach - aus Bequemlichkeit.
Wenn Sie also bemerken, dass Sie System 1 die Kontrolle überlassen, obwohl System 2 gefragt wäre, können Sie viele Fehler vermeiden. Unser Kurs "Umdenken: Denkweise ändern. sich für den Erfolg programmieren" hilft Ihnen dabei, genau das zu trainieren.
Weitere gefährliche Verzerrungen sind:
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Informationsüberflutung. Zu viele Informationen überfordern System 2 und führen zu mentaler Erschöpfung. Beschränken Sie sich auf die wichtigsten und relevantesten Kriterien.
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Intoleranz gegenüber Ungewissheit. Unbekannte Optionen wirken oft riskanter. Deshalb bevorzugen wir Altbekanntes, auch wenn es weniger Nutzen bringt.
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Unangemessene Vergleichsanalyse. Menschen vergleichen Optionen ohne objektive Maßstäbe. Lösung: Erst das "ideale Ergebnis" definieren, dann die passende Option dazu wählen.
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Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten. 80 % der Autofahrer glauben, besser als der Durchschnitt zu sein - was statistisch unmöglich ist. Diese Selbstüberschätzung führt zu unrealistischen Entscheidungen.
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Attributionsfehler. Man bewertet das Verhalten anderer eher über Charaktereigenschaften als über situative Faktoren - z. B. wenn man glaubt, der laute Nachbar sei grundsätzlich aggressiv, statt ihn einfach mal um Ruhe zu bitten.
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Verlustaversion. Aus Angst, etwas zu verlieren, wird die Entscheidung aufgeschoben. Beispiel: Zwei qualifizierte Bewerber konkurrieren - der Unternehmer zögert aus Angst, den "falschen" zu wählen. Währenddessen bleibt der Arbeitsplatz unbesetzt.
Drei Tipps für schnellere und bessere Entscheidungen

Wiederholte Analysen führen zu mehr Stress und Unsicherheit - stoppen Sie, wenn keine neuen Fakten vorliegen.
Bei wiederkehrenden Entscheidungen helfen Standards, Zeit und Energie zu sparen. Aber: Achten Sie darauf, wann Protokolle sinnvoll sind und wann nicht.
Schreiben Sie auf einem Blatt Papier Vor- und Nachteile Ihrer Entscheidung auf. Streichen Sie alles, was subjektiv oder emotional ist - bleiben Sie bei den Fakten.
Fazit: Entscheidungen zu treffen, ist immer mit Angst verbunden. Unser Gehirn versucht deshalb, den "Schaden" zu minimieren - mit kognitiven Schutzmechanismen. Doch diese verhindern oft neue Chancen, Vorteile und Wachstum. Der einzige Weg, dies zu vermeiden, ist die Orientierung an Logik und Objektivität. Und das Erlernen neuer Fähigkeiten - zum Beispiel mit den Kursen von Lectera - damit Sie für alle Situationen gewappnet sind.