Problemgespräch
Was ist ein Problemgespräch?
Das Problemgespräch ist eines der Marketinginstrumente, mit denen man die wahren Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe, ihre Kaufmotive und Kriterien bei der Wahl eines bestimmten Produkts herausfinden kann. Mit Hilfe des Problemgesprächs ist es möglich, die internen Probleme der Kunden zu ermitteln, aktuelle Lösungen zu finden und ein Produkt zu schaffen, das nachgefragt wird. Damit kann man auch die Qualität der angebotenen Dienstleistungen ständig verbessern.
Das Problemgespräch wird im Rahmen des Ansatzes Customer Development geführt. Das ist eine Methode, mit der man Feedback von Nutzern oder Kunden erhält, um genau herauszufinden, was potenzielle Kunden in einer Dienstleistung sehen wollen, um wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen und dadurch die Konversionsrate beim Vertrieb zu erhöhen. Der wichtigste Grundsatz von CustDev ist die Annahme, dass nicht das hergestellte Produkt, sondern die Kunden das wichtigste Kapital des Unternehmens sind. Deshalb ist es wichtig, in erster Linie ein Vertrauensverhältnis zur Zielgruppe aufzubauen, bevor das Produkt oder die Dienstleistung entwickelt und verbessert wird.
Welche anderen Interviewformen gibt es?
Das Problemgespräch gilt als eine der Arten des Tiefeninterviews. So nennt man qualitative Forschungen im Marketing, die in Form eines Gesprächs mit einem oder mehreren Vertretern der Zielgruppe einer Marke oder eines bestimmten Produkts durchgeführt werden. Neben dem Problemgespräch gibt es noch weitere Formen des Interviews, und zwar
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Entscheidungsgespräch und
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Expertengespräch.
Laut der klassischen Definition hat ein Entscheidungsgespräch zwei Hauptziele. Man will dadurch verstehen, ob das Produkt für den Kunden nützlich ist und ob er bereit ist, es zu kaufen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass diese Art von tiefgreifendem Gespräch darauf hinausläuft, das Produkt zu verkaufen. Deshalb ist es wichtig, dem Befragten während des Gesprächs einen Prototyp des Produkts, ein Landing oder zumindest eine Präsentation zu zeigen. Danach kann man ihn fragen, ob er bereit ist, das Produkt jetzt gleich zu kaufen. Das heißt, die Käufer befinden sich noch in der Testphase. Andererseits kann man statt des Verkaufs den Befragten bitten, in den sozialen Medien über das Produkt oder die Dienstleistung zu erzählen, die Marke zu erwähnen oder eine Bewertung zu hinterlassen. In diesem Fall kann ein Entscheidungsgespräch sowohl separat als auch im Rahmen des bereits erwähnten Problemgesprächs geführt werden.
Bei einem Expertengespräch hingegen werden Fachleute aus dem Bereich befragt, zu dem das jeweilige Produkt gehört. Zu diesem Interview werden nur Experten eingeladen, die mit dem Markt, den Bedürfnissen und den finanziellen Gewohnheiten der potenziellen Kunden vertraut sind. So kann man in einem Expertengespräch Lösungen und Besonderheiten der Wettbewerber, Probleme der Zielgruppe, Tendenzen, mögliche Kommunikationskanäle und Produktwerbung erörtern. Mit Hilfe dieser Art von Tiefeninterview kann man zu unerwartetem Wissen gelangen, das potenziellen Kunden nicht bekannt ist.
Um möglichst viele nützliche und vielseitige Informationen zu erhalten, sollten mindestens zwei Tiefeninterviews durchgeführt werden, zum Beispiel ein Problemgespräch mit potenziellen Kunden und ein Expertengespräch mit kompetenten Fachleuten.
Für wen wird das Problemgespräch geführt?
Dieses ausführliche und in der Regel längere Gespräch dient dazu, herauszufinden, was die Kunden von dem Produkt oder seiner neuesten Version erwarten, für welchen Preis sie es zu kaufen bereit sind, welche Funktionen das Produkt haben sollte usw. Aus diesem Grund werden Problemgespräche für Startups und MVP-Entwicklung empfohlen.
Dennoch ist dieses Instrument auch in einem bestehenden, sich aktiv entwickelnden Unternehmen nützlich, z.B. wenn es darum geht, einen weiteren Geschäftszweig zu eröffnen, eine neue Produktlinie einzuführen oder den Durchschnittseinkaufswert zu erhöhen. Problembefragungen werden zum Beispiel häufig von Marketing- und Vertriebsleitern durchgeführt, die Waren und Dienstleistungen vorantreiben. Dies ermöglicht es den Entwicklern und Spezialisten, die für die Markteinführung eines neuen Produkts verantwortlich sind, Lösungen zu finden, die tatsächlich den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen.
Einfach ausgedrückt: ein Problemgespräch kann auch für Vertreter der Zielgruppe des Unternehmens nützlich sein, damit sie ihre "Schmerzen" und Schwierigkeiten mitteilen, ihre Unzufriedenheit äußern, eine Lösung empfehlen und gehört werden können. Gleichzeitig sind Problemgespräche für das Unternehmen selbst und die Vertreter der Herstellerfirma aus demselben Grund notwendig, das heißt, um das beliebteste und aktuellste Produkt zu schaffen, das aktiv gekauft wird.
Wie führt man ein Problemgespräch?
Bevor Sie mit dem Gespräch selbst beginnen, müssen Sie sich gründlich darauf vorbereiten. Am besten ist es, diesen Prozess in mehrere Etappen zu gliedern:
Etappe 1. Hypothese definieren
Denken Sie daran, dass das Hauptziel des Gesprächs, das Sie als Ergebnis erreichen sollten, darin besteht, klar zu verstehen, ob das Mitglied der Zielgruppe ein ungedecktes Bedürfnis hat, das von Ihrem Produkt befriedigt werden kann. Wenn es eines gibt, müssen Sie verstehen, was das ist. Vielleicht haben Sie schon eine Idee diesbezüglich? Eben diese Idee wird als Hypothese bezeichnet, die Sie während des Problemgesprächs bestätigen oder widerlegen müssen.
Hypothesen entstehen durch Analyse der vorhandenen Daten. Um eine Annahme zu formulieren, verwendet man oft den Ansatz "Jobs To Be Done". Dabei geht es darum, herauszufinden, wofür verschiedene Kunden das Produkt kaufen. Zum Beispiel nutzt ein Kunde Ihr soziales Netzwerk, um Kontakte zu knüpfen, ein anderer, um zu bloggen und seine Lebensgeschichten zu teilen, und ein weiterer, um über seine Dienstleistungen zu erzählen, Werbung zu verkaufen und Geld zu verdienen. Je mehr Gründe Sie herausfinden, warum sich die Nutzer in Ihrem sozialen Netzwerk anmelden und welche Ziele sie verfolgen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie alle ihre Bedürfnisse befriedigen und ein einzigartiges Produkt herstellen, das in die Massen geht. Gerade dazu dienen die Hypothesen, die im Laufe des Gesprächs angepasst und dadurch bestätigt oder widerlegt werden können. Wenn die Hypothese richtig ist, entsteht ein Produkt, das das Problem der Nutzer löst oder die Bedürfnisse jedes Publikumssegments befriedigt. Wird die Hypothese widerlegt, sollte die Forschung fortgesetzt und eine neue Hypothese formuliert werden.
Etappe 2. Fragenkatalog erstellen
Hier ist das Wichtigste, was Sie während des Gesprächs erfahren sollten:
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Wünsche und Bedürfnisse des Kunden;
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Schwierigkeiten und Hindernisse, auf die er stößt;
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wie packt er die Probleme jetzt an?
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ist er mit den bestehenden Lösungen zufrieden, und wenn nicht, warum?
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wie ist die Situation zu verbessern?
Dabei ist es wichtig, offene Fragen zu stellen, d. h. Fragen, die eine ausführliche und vollständige Antwort enthalten sollen, und nicht nur "ja" oder "nein". Offene Fragen können mit "Warum", "Was glauben Sie, …", "Was wäre wenn..." beginnen. Wenn das Gespräch jedoch vom geplanten Verlauf abweicht und Ihr Gesprächspartner vom Thema abschweift, sollten Sie konkreter werden, zusätzliche Fragen stellen und die Dinge klären. Es ist daher wichtig, während des gesamten Gesprächs aufmerksam zu bleiben und den Kunden in die richtige Bahn zu lenken.
Etappe 3. Gesprächsteilnehmer auswählen
Je nachdem, ob Sie einen Kundenstamm haben oder gerade ein Unternehmen gründen, müssen Sie entscheiden, wer an der Befragung teilnehmen soll. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Stammkunden kennen, können Sie sie über E-Mail-Newsletter, soziale Medien oder Telefonanrufe befragen. Wenn Sie gerade daran arbeiten, ein potenzielles Publikum anzuziehen, müssen Sie ein Portrait des Vertreters jedes der Segmente erstellen und das Interesse der Kunden durch Foren, Lead-Magneten, Werbekampagnen, Treueprogramme, Meisterklassen usw. wecken.
Etappe 4. Die Befragung durchführen
In dieser Etappe ist es besonders wichtig, die Antworten der befragten Personen aufzuzeichnen, zum Beispiel mit einem Diktiergerät. Versuchen Sie, von jedem Gesprächspartner möglichst viele Details über seine Bedenken, Feinheiten und andere Besonderheiten bei der Verwendung des Produkts zu erfahren.
Etappe 5. Die Daten analysieren und die Hypothese auswerten
Nachdem Sie mehrere Interviews durchgeführt haben, systematisieren Sie die Angaben, suchen Sie nach Mustern in den Antworten der Befragten, analysieren Sie die Unterschiede und finden Sie heraus, worauf sie zurückzuführen sind. Auf diese Weise lässt sich feststellen, ob die in der ersten Etappe aufgestellte Hypothese richtig oder falsch war. Wenn Ihre Annahme falsch war, gehen Sie nach dem gleichen Schema vor, indem Sie bei der ersten Etappe beginnen und eine neue Hypothese formulieren.
Allgemeine Empfehlungen
Um sich ein möglichst vollständiges und wahrheitsgetreues Bild von der Zielgruppe zu machen, befolgen Sie diese Regeln für die Durchführung des Problemgesprächs:
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Die Hypothese muss genau und eindeutig formuliert werden
Ihre Annahme, die Sie in der ersten Etappe aufgestellt haben, sollte konkret sein, damit keine weiteren Fragen oder Unklarheiten entstehen. Denken Sie daran, dass die Hypothese mit zwei Worten - "Ja" oder "Nein" - bestätigt oder widerlegt werden kann. Das reicht aus. Versuchen Sie deshalb, die Hypothese als einfache Frage zu formulieren, die mit den Worten "Stimmt es, dass...?" beginnen kann.
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Das Interview darf nicht zu lang sein
Die optimale Länge beträgt etwa 30-40 Minuten. Wenn das Gespräch kürzer ist, läuft man Gefahr, nur unvollständige Informationen zu bekommen und kein Vertrauen zum Gesprächspartner aufzubauen. Dauert das Gespräch länger als eine Stunde, wird der Befragte wahrscheinlich müde, die Fragen zu beantworten, er kann dann seinen Standpunkt nicht mehr begründen und will das Gespräch unbewusst so schnell wie möglich zu Ende bringen.
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Die Technik der "Fünf Warum-Fragen" muss angewandt werden
Es handelt sich um eine spezielle Methode zur Erforschung der Kausalzusammenhänge, die dem Problem zugrunde liegen. Die Hauptaufgabe besteht in diesem Fall darin, die Ursache mit Hilfe der einzigen Frage "Warum?" zu ermitteln. Fragen Sie als Antwort auf alle Bemerkungen und Aussagen der Befragten immer wieder "Warum?". Tun Sie dies fünfmal. Warum gerade fünf? Auf diese Zahl ist man empirisch gekommen, und sie wird als ausreichend angesehen, um eine Problemlösung zu finden. Wenn der Befragte z. B. sagt, dass er mit der langen Wartezeit bei der Lieferung unzufrieden ist, fragen Sie, warum ausgerechnet dieser Umstand für ihn so wichtig ist.
Ein wichtiger Vorteil der "Fünf-Warum"-Technik ist ihre Einfachheit und Universalität. Diese Methode ist leicht anzuwenden, kann in verschiedensten Bereichen eingesetzt werden und gibt die Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und keine Zeit zu verschwenden.
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Mehr fragen als reden
Am Wichtigsten ist es, den Befragten ausreden zu lassen, um von ihm so viel wie möglich nützliche Informationen, Erkenntnisse und Vorschläge zu erhalten. Deshalb sollten Sie nachfragen, um die Erfahrungen des Kunden, Details und den Kontext zu klären. Damit das Gespräch sachkundig ist und Sie genaue Ergebnisse erhalten, lohnt es sich, das Interview zu zweit zu führen. Der Kollege kann Sie unterstützen, rechtzeitig zu den nächsten Fragen übergehen und den Zeitrahmen im Auge behalten.
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Skripte mit obligatorischen Fragen einsetzen
Ein Skript ist eine fertige Vorlage, ein vereinfachter Plan für die Kommunikation zwischen dem Manager und dem Kunden. Es ermöglicht, den Prozess des Zusammenwirkens mit dem Zielpublikum zu standardisieren, das Verhalten des Kunden vorherzusehen und das Ziel des Gesprächs zu erreichen, indem es erfolgreich abgeschlossen wird. Die Fragen in einem Skript für das Problemgespräch können je nach Thema variieren, aber es gibt einige allgemeingültige, wie z. B. die abschließenden Fragen: "Gibt es etwas, das ich vergessen habe zu fragen?" und "Mit wem sollte ich sonst noch darüber sprechen?". Diese beiden Fragen sollten am Ende gestellt werden, wenn der Befragte die wertvollsten Informationen mitteilen kann, an die der Interviewer selbst nicht gedacht hat.
Wie sieht das Skript für ein Problemgespräch aus? Fragenbeispiele
Zunächst einmal muss sichergestellt werden, dass die zu befragende Person wirklich die Zielgruppe und deren richtiges Segment repräsentiert. Das heißt, diese Person muss mit Bedacht ausgewählt werden. Danach greifen Sie zum Skript:
- "Sagen Sie mir, zu welchen Zwecken verwenden Sie unser Produkt, wie oft ist es notwendig?" Diese Frage hilft dem Befragten, sich auf das Gespräch einzustimmen, den Grund für den Kauf des Produkts oder der Dienstleistung zu formulieren und seine Motivation zu erklären.
- "Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit: Wie decken Sie einen Bedarf, was tun Sie dazu?" Die Antwort auf diese Frage gibt Ihnen eine erste einleitende Information und lässt Sie an das eigentliche Thema anknüpfen.
- "Haben Sie Schwierigkeiten, den Bedarf zu decken?" In der Regel stellt die Antwort auf eine solche Frage eine Liste von Problemen dar, mit denen die Kunden konfrontiert sind. Es ist wichtig, diese Angaben zu erfassen und zu jedem der aufgedeckten Probleme 5-7 klärende Fragen zu stellen.
- "Erzählen Sie, wie oft es dazu kommt? Wann ist das zuletzt passiert?" Sie müssen sicherstellen, dass dies tatsächlich ein häufiges Problem ist.
- "Beschreiben Sie, in welchen Fällen und unter welchen Umständen Sie damit gewöhnlich konfrontiert sind"? Diese Frage liefert Ihnen den Kontext und wichtige Details.
- "Erklären Sie, warum das für Sie ein Problem ist? Worin besteht die Schwierigkeit?" Diese Frage liefert die umfassendste Antwort, und die Information daraus kann in die Praxis umgesetzt werden. Der Befragte wird über die tiefgreifende Motivation nachdenken und erklären, was das Wesen des Problems ist.
- "Welche Folgen hat dieses Problem?" - eine weitere Frage, deren Beantwortung dazu beiträgt, die Aktualität zu begründen und die Einzelheiten zu präzisieren.
- "Welche Emotionen und Gefühle erleben Sie, wenn Sie vor solchen Schwierigkeiten stehen? Bewerten Sie die Intensität der Gefühle, die Sie empfinden, auf einer Skala von 1 bis 10". Diese Bewertung durch den Befragten lässt Sie verstehen, wie alle vorhandenen Probleme im Zusammenhang mit einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung einzuordnen sind und welche davon zuerst gelöst werden sollten.
- "Haben Sie versucht, das Problem selbstständig zu lösen?" Dadurch kann man herausfinden, wie aktuell das Problem für den Kunden ist. Wenn er nie versucht hat, es anzupacken, ist die Situation vielleicht noch tragbar, oder sie muss zumindest nicht sofort und auf der Stelle gelöst werden.
- Falls der Befragte versucht hat, das entstandene Hindernis selbst zu überwinden, ist es wichtig nachzufragen: "Konnten Sie das Problem selbst lösen? Warum können diese Methoden Sie nicht zufriedenstellen?" Es ist wichtig, herauszufinden, wie genau diese Person mit den Schwierigkeiten fertig wird.
- Eine der letzten Fragen lautet: "Gibt es noch etwas, was Sie mir erzählen möchten?".
- Und die abschließende Frage: "Mit wem sollten wir das Problem sonst noch besprechen?"
Das ist ein universelles Skript. Natürlich können sich die Fragen davon unterscheiden und je nach Produkt oder Dienstleistung durch viele klärende Fragen ergänzt werden.
Zusammenfassung
Somit ist das Problemgespräch ein effektiver und dabei noch ein kostengünstiger Weg, um die eigene Zielgruppe besser kennenzulernen, sich auf echte Kundenprobleme zu konzentrieren und das Produkt zum Marktführer zu machen. Darüber hinaus gibt Ihnen das Problemgespräch die Möglichkeit, die Risiken in der Entwicklungsphase zu minimieren, unnötige und nutzlose Funktionen auszuschließen, die Kosten zu senken und als Ergebnis ein wettbewerbsfähiges und erfolgreiches Produkt zu erstellen oder alle notwendigen Informationen zu sammeln, um ein Startup zu gründen.